Gehen wir von dem Ursprung aller Dinge aus, im Glauben an einen Schöpfer, können wir sagen, ja, alles entspringt aus Ihm. Gehen wir von einem Gott der Liebe aus, können wir sagen, alles entspringt dieser Liebe. Schauen wir uns in der Welt um, kommen wir allerdings ganz schön ins Grübeln.
Als ich letztens einmal mehr den Satz hörte „Es ist egal, wie wir was nennen, woran wir glauben, es ist alles die eine Quelle“, könnte dem auf der einen Seite recht gegeben werden. Ganz vom Ursprung her. Doch so wie Quellwasser auf seinem weiteren Weg durch einiges verunreinigt werden kann, so gibt es auch auf spirituellen und religiösen Wegen vieles, was mit dem Ursprung der Quelle nicht mehr so viel zu tun hat.
„Im Urteil über andere spricht der Mensch immer sein eigenes.“ Jean Paul
Dabei dürfen wir alle ein wenig genauer hinschauen. Es gibt eine Menge Vorurteile vieler Christen der Esoterik, jeglicher anderen gelebten Spiritualität und anderen Religionen gegenüber wie auch von spirituellen Kreisen Gläubigen gegenüber. Und auch, wenn ich heute als Christin angekommen bin, möchte ich ein paar Worte dazu schreiben. Insbesondere aus diesem Grund. Dass all diese Vorurteile und Urteile mal ein wenig hinterfragt werden. Es gibt Berichte von Aussteigern aus der sogenannten Esoterik, die ziemlich drastische Erlebnisse schildern. Sie ähneln dabei in vielem jedoch ebenso den Berichten von Aussteigern aus fundamentalistisch-religiösen Glaubensgruppen oder Sekten. Das gibt zu denken.
All die Menschen, die mir in den Jahren auf anderweitigen spirituellen Wegen begegnet sind, sind und waren zunächst mal eines. Suchende. Und das ist allemal besser, als es nicht zu tun. Da gibt es viele ernsthafte Menschen, die sehr bereit sind, an sich zu arbeiten, sehr reflektiert sind, das lassen so manche frommen Gläubige vermissen. Im spirituellen Bereich gibt es dafür viele Angebote. Leider geht es jedoch oft in Richtung der Selbstoptimierung mit hohem Leistungsanspruch. Darin liegt ein Grundproblem. Wir können uns noch so sehr anstrengen, ein guter, dauerhaft glücklicher Mensch zu werden. Es wird nicht gelingen. Und führt in eine Selbstvergöttlichung statt Demut und Anerkennung unserer Unvollkommenheit.
„Es gibt ein sicheres Zeichen der Selbsterkenntnis: Wenn man an sich selbst mehr Fehler entdeckt, als an anderen.“ Friedrich Hebbel
Die Verführung in vielen spirituellen Strömungen liegt darin, dass suggeriert wird, wir kämen ja alle aus der Quelle, also liegt in uns der gleiche schöpferische göttliche Funken, der es uns erlaubt, quasi gottgleich Schöpfer und vollends erleuchtet zu werden. Ein tatsächlich großer Irrtum. Der nur eines nährt. Unser so geliebtes Ego. Solches liegt auch in so einer Aussage: „Wir sind alle Strahlen Gottes, und jeder strahlt auf seine Weise“. Klingt schön. Spätestens wenn wir auf die größten Grausamkeiten von Menschen stoßen, kann von strahlen allerdings nicht mehr die Rede sein. Da gibt es schon etliche schwammige, oberflächliche spirituelle Ansichten, die eher einer gewissen Weltflucht entsprechen und die Realität vergessen lassen.
Es gibt andere Schattenseiten. Der Esoterikmarkt ist in weiten Bereichen ein lukrativer Verkaufsmarkt. Bunt, duftend, sinnlich, lauter sehr liebe Menschen. Kann man schon fast sagen, da wird man wie eine Biene vom süßen Honig angezogen. Bis man hinter die Kulissen schaut. Und durchschaut, dass Heilung, Schutz, Freiheit und Liebe nicht erkauft werden kann. Wenn man vieles ausprobiert, und feststellt, nachhaltig wirkt da nichts. Im Gegenteil. Es entsteht eine Sogwirkung nach noch mehr, nach noch anderem, was dann vielleicht wirklich hilft. Es gibt jede Menge spiritueller Gurus, die Menschen in Abhängigkeit und um ihr Geld bringen, zudem sind Praktiken wie Channeling, Totenbefragungen etc. wahrlich äußerst fragwürdig.
Es gibt jedoch auch eine ganze Menge spiritueller Weisheiten, gute, seriöse Heilungsarbeit, und tatsächlich oftmals weitaus mehr Toleranz und Offenheit als in religiösen Kreisen. Es ist nicht per se einfach alles schlecht, oder gar dämonisch, wie da teils pauschal alles „Okkulte“ in einen Topf geworfen wird, nur weil der Stempel „christlich“ fehlt. Es darf schon genau auf den Inhalt geachtet und sehr differenziert geschaut werden. Dies gilt ebenso für christlich-religiöse Praktiken, wie Massenevangelisationen, diverse selbserklärte Neupropheten, Heilungsversprechen, Dämonenaustreibungen, den Fang von Menschen mit der Androhung einer Hölle und Satan sowie die Ausübung von moralisch-seelischem Druck.
„Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“ Joh. 8,8
Bei allem dürfen wir sehr vorsichtig sein im Urteilen, doch sehr genau prüfen. Denn ohne Frage gibt es auch gefährliche okkulte Praktiken mit entsprechenden Folgen. Alles, was manipuliert, ob wir selbst oder andere, in Abhängigkeit bringt, verführt, Wahrheiten verdreht, die Not von Menschen missbraucht und das Ego nährt entspringt definitiv nicht der Liebe. Nur bevor wir unseren Blick nach außen wenden, darf er nach innen gehen. Für Christen weist die Kirchengeschichte keineswegs ein rühmliches Vorbild der Lehre von Jesus Christus auf, mit Kreuzzügen, Hexenverfolgungen und Ketzerhinrichtungen, Missbrauch in den eigenen Reihen sowie vielen kleinen und großen Glaubenskriegen. Bis heute. Da ist jeder von uns gefragt.
Wir dürfen und sollen lernen, die Geister zu unterscheiden. Ganz besonders auch in uns selbst. Es wird darum gehen dürfen, was entspringt der Liebe, oder was der Manipulation und dem Missbrauch. Was dient dazu, Menschen über Gott oder zumindest gottgleich zu stellen. Wenn wir sehr ehrlich hinschauen, gibt es hierbei genügend in der religiös-spirituellen Praxis auf allen Seiten zu finden. Da darf ein unfehlbarer Papst ebenso in Frage gestellt werden wir all die vermeintlich erleuchteten Meister. Wenn es einen Heiligen Geist gibt, so finden wir ebenso das Gegenteil davon. Anknüpfungspunkt ist an erster Stelle unser Ego, die Selbstherrlichkeit und der Hochmut. Und an dem Punkt gerät Anderes in die ursprünglich reine Quelle.
„In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Joh. 16.33
Bei dieser Zusage von Jesus Christus ist es schon erstaunlich, wie wiederum religiös verbreitet die Angst vor dem Bösen geschürt wird anstatt im Vertrauen auf Gott zu leben. Und in uns zu schauen, was da im Geist von Jesus Christus überwunden werden möchte. Da finden wir Selbstgerechtigkeit und Stolz. Habsucht, unser Ego und die Selbstverliebtheit. Es sind aber auch die Wunden, geschlagen aus Lieblosigkeit und Traumatisierungen jeder Art. Es ist die innere Not, die im Außen suchen lässt, was im Innen fehlt und uns verführbar macht. Es sind Zweifel und Selbstverurteilung. Es ist die Angst, nicht geliebt zu sein, ausgegrenzt zu werden, was oft in Abhängigkeiten führt. Mit alldem haben wir genug zu tun.
Bevor wir anfangen, zu urteilen, dürfen wir sehr ernsthaft bei uns selbst beginnen. Wer am Ende mehr der Gnade Gottes bedarf, braucht uns nicht zu kümmern. Wir alle leben von Seiner Gnade.
Und das ist dann wohl auch die eine, wahre, lebensspendende, liebende Quelle.
…die uns tatsächlich kostenlos zur Verfügung steht und für jeden auf direktem Wege erreichbar ist:)