- Beitrags-Autor:gdaa
- Beitrag veröffentlicht:13. März 2025
- Beitrags-Kategorie:Manipulation und Trauma/Mensch in der Welt
- Lesedauer:7 min Lesezeit
„Wir waren alle bloß Menschen, bevor die Rasse uns teilte, die Religion uns trennte, die Politik uns separierte, und das Geld uns klassifizierte.“ Unbekannt
Kurz vor Weihnachten erschütterte ein Attentat Deutschland. Es traf ausgerechnet einen Weihnachtsmarkt, ein Mann raste mit seinem Auto in die Menschenmenge, unzählige Verletzte, 6 Menschen wurden getötet, darunter ein Kind. Nur einen Monat später folgte das nöchste, in Aschaffenburg, ein Messerangriff auf einen Kindergruppe in einem Park. Ein Kind und ein zu Hilfe eilender Mann wurden getötet. Beide Täter keine Deutschen. Migration wurde zum Hauptwahlkampfthema der vorgezogenen Neuwahlen Ende Februar.
Auf der anderen Seite des Ozeans wurde Ende Januar der neue Präsident Trump vereidigt. Bereits am darauffolgenden Tag der Beginn des Erlasses von den angekündigten, beispiellosen Dekreten, von Massenabschiebungen hin zu Massenentlassungen und im Kampf gegen Diversität. Breite Unterstützung findet Trump in rechten evangelikalen Kreisen. Bei seiner Vereidigung legt er seine rechte Hand nicht auf die Bibel. Ironie des Zufalls. Eine Bischöfin apelliert beim Gottesdienst zu seiner Amtseinführung mit beeindruckenden Worten. Ob sie Trump oder seine Unterstützer imponieren? Wohl kaum. Die Chefs der Tech-Giganten X, Meta, Google und Tiktok, oder Amazon, vereint bei der Amtseinführung Trumps. Geld regiert die Welt, sichtbar für alle. Die einen jubeln, die anderen sind entsetzt.
Eine gespaltene Welt, nicht nur in den USA. Einen Tag nach der Wahl in Deutschland zeigte die Graphik der Wahlergebnisse eine Spaltung Deutschlands, die exakt die früheren Grenzen der DDR widerspiegelte. Die AfD, eine vom Verfassungsschutz als in Teilen rechtsextrem eingestufte Partei gewann in allen früheren ostdeutschen Ländern. Insgesamt wurde sie zur zweitstärksten Kraft in Deutschland. Auch hier, Jubel auf der einen Seite. Entsetzen auf der anderen. Ein Regierungsverantwortung wird es auf Bundesebene im Gegensatz zur Länderebene nicht geben. Noch nicht. Hunderttausende Menschen gingen vor der Wahl auf die Straßé, um gegen rechts zu demonstrieren. Die Geschichte Deutschlands wird neu berührt.
„Die Macht der einen braucht die Dummheit der anderen“ Dietrich Bonhoeffer
Bonhoeffer, ein Gesicht Deutschlands im Kampf gegen den Nationalsozialismus aktueller denn je. Seine Abhandlung „Von der Dummheit“, verfasste er 1943, zwei Jahre vor seiner Hinrichtung. Sehr nüchtern, ohne irgendeinen Vorwurf analysiert er darin das Phänomen des Menschen, sich manipulieren zu lassen. Nun wäre es fatal und zynisch nun zu sagen, alle Menschen im ehemaligen Osten wären dumm. Mir scheint ein anderes Phänomen den Begriff Dummheit zu erweitern. Und das ist das transgenerationale Trauma, weiterführende Links unten. Ein großes und vielschichtiges Thema, das hier nur im Ansatz benannt werden kann. Es erklärt sehr viel mehr die Empfänglichkeit für Manipulation wie auch tiefsitzende Ängste, letztendlich vor einer Wiederholung traumatischer Erfahrungen. Die Tragik dabei,Trauma sucht von sich aus die Wiederholung, weil es gesehen werden möchte. Bis es erkannt wird, und heilt. Allerdings zu seiner Zeit.
Dies findet sich auch in Bonhoeffers Schluss, dass es keinen Sinn macht, auf den „dummen“ Menschen einreden zu wollen, es bedarf einer inneren Befreiung. Und diese ist nicht mit Druck oder Zwang zu erreichen. Dies ist hinlänglich aus der Traumaforschung bekannt. Traumata sind so lange verschlossen, bis die innere Bereitschaft der Psyche es erlaubt, diese aufzuarbeiten. Schauen wir alleine auf Deutschland mit seiner Geschichte, können wir nur ahnen, was da noch wirksam ist. Eindrucksvoll auch zu Coronazeiten zu beobachten. Viele Impfgegner hatten eine diffuse Angst, in Lager gesteckt zu werden. Real in keinster Weise ansatzweise begründet. Ebenso darf eine zu große Angst vor einer Wiederholung unserer Geschichte sehr differenziert betrachtet werden. Wir erleben derzeit nicht nur in Deutschland eine europaweite Entwicklung in Richtung rechter Strömungen. Die Angst jedoch ist nicht der Wegweiser.
„ Macht ohne Missbrauch verliert ihren Reiz“ Gaucho Marx
Ob wir uns auf folgenden Satz von Bonhoeffer verlassen können?: „Es wird wirklich darauf ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit oder von der inneren Selbständigkeit und Klugheit der Menschen versprechen.“ Offengestanden äußerst fraglich, wenn man beobachtet, was gerade auf der große Weltbühne geschieht. Es scheint die Zeit eines Aufblühens von Autokraten und Populisten zu sein, die ganz sicher kein Interesse daran haben, selbstständige und kluge Menschen vor sich zu haben. Sondern Menschen, welche sehr bereit ihnen folgen, oder sich gar unterwerfen. Und das ist ohne Frage derzeit ziemlich unerträglich zu beobachten. Was also bleibt einem selbst darin zu tun?
Darauf gibt es sicherlich viele Antworten. Eine ist, sich selbst sehr genau zu prüfen, wer oder was löst etwas in mir aus? Werden Ängste werden in mir berührt, wenn ja welche? Gebe ich die Verantwortung dafür in die Hände anderer, oder stelle ich mich ihnen? Wie sieht es aus mit meiner eigenen Verurteilung anderer, mit Schuldzuweisungen, Anklagen, Herabsetzungen? Viel zu beobachten insbesondere im Wahlkampf. Unsere Politiker sind da leider wahrlich ein schlechtes Vorbild. Finde ich bessere Vorbilder? Ist Freiheit etwas, was mir von außen erteilt wird, oder gibt es auch eine innere? Trage ich Werte in mir, die wirklich meine sind, oder haben sie mir andere indoktriniert? Wie gehe ich mit Ohnmacht um? Gerate ich in Aktionismus, Wut oder Lähmung? Um solche Fragen sich zu beantworten, braucht es Zeit. Ehrlichkeit. Und Ruhe. Die Dinge im außen geschehen, darauf haben wir erstmal keinen Einfluss. Auf uns selbst schon :).
„Alles was wir hören, ist eine Meinung, keine Tatsache. Alles was wir sehen ist eine Perspektive, nicht die Wahrheit.“ Marcus Aurelius
Und dann gibt es die heutzutage wirklich schwere Aufgabe, sich im außen ein ansatzweise klares, realistisches Bild von den Geschehnissen zu machen. Unzählige Falschmeldungen, Fake-News, insbesondere über die gut genutzten Socialmedia-Kanäle, bewusst erzeugte Propaganda, ob von rechts, oder sonstigen Interessenmächten…die Wahrheit zu finden scheint nahezu unmöglich. Die KI wird dies zukünftig noch erheblich erschweren. Hier hilft nur ein Überprüfen, Gegenchecken, das Einholen verschiedender Quellen, und insbesondere Socialmedia sehr kritisch zu betrachten. Lügen beherrschen mehr denn je das politischer Weltgeschehen. Damit ist umzugehen. Möglichst nüchtern.
Vieles von dem, was wir derzeit lesen und beobachten, kann dazu führen, dass wir uns dem Ganzen ohnmächtig ausgesetzt fühlen, und birgt gleichzeitig in sich den Sog des wie gebannt alles Verfolgenmüssens in sich. Es ist wichtig, dem etwas gegenzusetzen. Zum einen, die Zeit zu begrenzen, welche man dem Weltgeschehen widmet. Und zum anderen, die Erfahrung der Selbstwirksamkeit zu stärken, sprich die Aufmerksamkeit auf das eigene Leben und Umfeld zu richten, in dem wir wirken können. Wenn wir dann noch vor Augen habe, dass es da viele Menschen gibt, die sich weltweit für Menschlichkeit und Frieden einsetzen, können wir einen leisen, aber sehr wirksamen Wind der Veränderung wahrnehmen. Und dieser baut keine Mauern. Es ist der Wind, welcher das Herz der Menschen bewegt. Und heilend, auch jeglicher traumatischer Erfahrung sind menschlich berührende Räume in Annahme, Toleranz und MItgefühl.
“ Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen“ Chinesische Weisheit
Weiterführendes:
„Transgenerationales Trauma – Gewalt prägt“
„Traumavererbung – bis ins vierte Glied“
„Verschwörungstheorien und Ohnmachtsgefühle“
„Was bedeutet Traumaarbeit in Krisenzeiten?“ SRF Kultur Sternstunden
Für politische gute Impulse und Analyse z.B.: „Lanz und Precht“ Podcast auf YouTube und Spotify
Und vorallem „Ruhe bewahren in schwierigen Zeiten“ Johannes Hartl