- Beitrags-Autor:gdaa
- Beitrag veröffentlicht:25. Oktober 2023
- Beitrags-Kategorie:Glauben und Spiritualität/Manipulation und Trauma
- Lesedauer:8 min Lesezeit
Als ich vor einem Vierteljahr den Beitrag „Religion und Krieg“ schrieb, ahnte ich nicht, was am 7. Oktober die Welt erschüttern würde. Ein Massaker brutalster Art, welches gezielt so viele Juden an einem Tag in der Zivilbevölkerung tötete, wie seit dem Holocaust nicht mehr. Schlagartig wurde klar, was diesem Schock folgen würde. Einen Tag später war er da. Krieg. Die Gewaltspirale geht weiter. Frieden? Ferner denn je.
Und einmal mehr sehen wir, wie die Welt sich aufteilt in hasserfüllte Lager. Wie schnell von welcher Seite auch immer der Schuldige ausgemacht wird. In einem Interview mit einer betroffenen Israeli sagte diese. Wir haben gar keine Zeit, zu trauern. Wir haben noch nicht einmal alle Toten identifiziert. Angehörige bangen um die Geiseln. Immer wieder war zu hören, ein Land zutiefst traumatisiert. Zeitgleich wurde auf der anderen Seite diese Tat gefeiert. Es war und ist schier unerträglich, all diese Bilder zu sehen. Die Worte zu hören und zu lesen. Währenddessen geht das Töten weiter. Die meisten der inzwischen tausenden Opfer auf palästinensischer Seite sind Frauen und Kinder. Ich zwinge mich, weiter hinzuschauen.
„Sie wissen nicht, was sie tun.“ Sagt Jesus Christus am Kreuz. Und „Vater vergib ihnen.“.
Das Schlimmste, was wohl die Opfer egal von welcher Seite erfahren müssen ist, wenn auch nur irgendwie ein solches Töten gerechtfertigt werden soll. Solange wir nicht fühlen, auch nur ein einziges Kind, welches beim Sterben seiner Eltern zuschauen muss, bevor es vielleicht selbst stirbt, werden wir nur eines zu rechtfertigen haben. Warum wir es nicht fühlen. Solange wir unterscheiden, ob ein isrealisches Kind oder ein palästinensisches Kind mehr Recht hat zu leben, sind wir im Geist mitschuldig am Geschehen. Und wie würde es uns gehen, wenn vor unseren Augen unsere Kinder sterben, eine Bombe unsere Familie oder Freunde tötet? Wir aus unserem Land vertrieben und gedemütigt oder menschenunwürdigst unter einer Besatzung leben? Auf welche Seite habe ich mich zu stellen? Da gibt es in aller Menschlichkeit keine Wahl. Jedes Opfer, auf beiden Seiten, ist eines zu viel. Beide Seiten bedürfen des Friedens und der Freiheit.
Ich muss gestehen, ich habe mir vieles angeschaut. Vieles gelesen. Geweint. Etwas in mir spürte, hier geschieht etwas, was uns aufs Tiefste und Schmerzhafteste berühren muss. Dass dieser Brennpunkt uns wie ein brennendes Glas den Spiegel vorhält. Und Fragen stellt. Denen wir nicht ausweichen dürfen, wenn wir eines nicht zulassen wollen. Uns dauerhaft dahinter zu verstecken, halt nicht zu wissen, was wir tun.
Es scheint, als müssten wir ohnmächtig aus der Ferne zuschauen, was geschieht. Sind wir allerdings mal ganz ehrlich, dürfen wir schnell erkennen, dass das nicht wahr ist. Jeder von uns steht in der Verantwortung, sehr genau zu prüfen, was da alles an Gedanken und Gefühlen in uns selbst ist. Und vorallem, woher wir Informationen aufnehmen. Denn es ist sehr gut zu prüfen, wo wir hier machtpolitisch religiös gegenseitig aufgehetzt werden sollen. Was wurde uns gesagt, über Juden oder Muslime? Wie stehen wir zu ihnen? Wieviel Argwohn oder gar Angst steckt in uns Andersgäubigen gegenüber, und ist das wirklich begründet? Was wissen wir von Israel und Palästina? Lesen wir nur Schlagzeilen oder mehr? Diese Fragen dürfen auch gestellt werden, von Juden und Muslimen Christen gegenüber. Es gibt viel Unreflektiertes, was Menschen von sich geben, aber auch nicht wenige, die sich differenziert äußern.
Mich interessieren die tieferen geistigen Zusammenhänge. Das Christentum, Judentum und der Islam sind die drei großen monotheistischen Weltreligionen. Welche war die erste? Das Judentum. Auf wen beziehen sich alle drei? Auf Abraham. Worauf das Judentum? Auf dessen Sohn Isaak. Worauf der Islam? Auf Ismael. Galt Gottes Segen nur Isaak? Nein. Ja, aus ihm sollte das auserwählte Volk Gottes Israel hervorgehen. Doch Gott rettete Hagar mit ihrem Sohn Ismael. Auch auf ihren Nachkommen sollte sein Segen liegen. Der Koran bestätigt in Sure 3:3 Al-Ilram die Tora der Juden und das Evangelium der Christen als Offenbarung Gottes. Das Christentum hat seine Wurzeln im Judentum. Die Bibel enthält die Tora und die Evangelien. Jesus Christus war ein Jude. Im Volk Israel spricht Gott seine Verheißung für alle Völker aus.
Die tiefe Erschütterung, die von diesem Geschehen dort ausgeht, geht offenbar direkt an unsere Wurzeln. Hier wird getötet, was im Ursprung aus einer Wurzel hervorging. Der Glaube an EINEN Gott ist geblieben. Alle drei Religionen haben einen tiefen Bezug zum Heiligen Land. Und doch herrscht Krieg.Wie viele wollen eigentlich den Frieden, und wie vielen gelingt auch ein friedliches Zusammenleben. Viele resignieren leider inzwischen. Mit Recht. Da gibt es sehr destruktive Kräfte, welche den Frieden immer wieder verhindern. Da darf es kein neutral sein geben. Sondern eine Nulltoleranz gegenüber Rassismus und Terror.
Jeder, auch von uns wird mehr denn je gefragt sein, sehr genau hinzuschauen, wollen wir nicht weiterhin für Machtinteressen von welcher Seite auch immer missbraucht werden. Und nein, keiner ist da unschuldig und kann sich aus der Verantwortung ziehen. Wir wissen um eine Geschichte, die eine unsägliche, brutale Blutspur hinterlassen hat. Und die kein Ende findet. Können wir wirklich noch sagen, wir wissen nicht, was wir tun? Ja, es mag da eine Menge geben, die es nicht wissen. Und eine Menge, die es nicht wissen wollen. Weil es sehr unbequem ist, gewohnte Bahnen und religiöse Überzeugungen mal ein wenig zu hinterfragen. Wir uns gerne nett und selbstgerecht einrichten. Das wird uns allerdings allen zunehmend schwerer gemacht. Zu viele der Brennpunkte auf der Welt. In diesem jetzt schwingt jedoch etwas anderes mit. Da geht es ans Eingemachte jeglicher religiöser Ideologie, Fundamentalimus bis hin zum Fanatismus.
Eines dürfte klar sein, je mehr uns bewusst werden wird. Wir sind wirklich alle mehr als angewiesen. Auf die Gnade der Vergebung unser aller Gottes. Ich glaube mehr denn je verstehe ich mich selbst, wenn ich eines in meinem Herzen trage. Jesus Christus ging es nicht um eine Religion. Er zeigte einen Weg, der uns aus der ewigen Hass.- Spaltungs- und Schuldzuweisungsspirale befreit. Und zwar jedem, der dazu bereit ist. Ob Muslim, Jude oder Christ. Und dies nicht nur mit dem Gebot zur Feindesliebe und Vergebung. Sondern dem Doppelgebot der Liebe, mit dem Jesus die Frage beantwortet, welches das wichtigste Gebot sei.
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ Matth. 22,37 – 40
Diese Botschaft gilt jedem. Liebe grenzt nicht aus,sie verbindet, sie ist inter/-überreligiös. Der Glaube an einen Gott der Barmherzigkeit und Liebe liegt allen dieser drei Religionen zugrunde. Maßstab jedoch ist unser Handeln. Jeden Tag werden wir zeigen dürfen, wie wir einem Muslim oder Juden begegnen, sie den Christen. Ein unschuldiges Kind würde sagen, wow, wir haben ja alle den gleichen Ururururur…vater:)! Wie sehr hat man uns diese Unschuld, Freude und Liebe zueinander genommen. Gott war es nicht. Man darf sich vielmehr fragen, wo sind wir?! Lassen wir uns berühren, von der Liebe? Das Schlimmste, wohin wir uns zurückziehen können ist die Gleichgültigkeit. Wie sie jemand als das Gegenteil von Liebe bezeichnete.
Wissen wir wirklich nicht, was wir tun?! Ich glaube, es ist nicht die Zeit, uns selbstgerecht zurückzulehnen. Wir dürfen uns sehr tief im Herzen berühren lassen und in uns gehen, so schmerzhaft dies auch ist.
Denn wir könnten wissen, was wir tun. Gott ließ uns seine wichtigsten Gebote mitteilen. Bekriegt werden diese schon lange. In den Augen des Kindes auf dem Foto steht nur eine große Frage. Warum?!